Stellungnahme des BDBe zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit für eine Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 2014/94/EU
I. Allgemeine Anmerkungen
Mit dem Referentenentwurf sollen die Verordnung über die Beschaffenheit und die Auszeichnung der Qualitäten von Kraftstoffen (10. BImSchV) neugefasst sowie die Verordnung über Anlagen zur biologischen Behandlung von Abfällen (30. BImSchV) geändert werden. Ziel des Entwurfs der Neufassung der 10. BImSchV ist insbesondere die Umsetzung europarechtlicher Vorgaben (Richtlinie 2014/94/EU) zur EU-einheitlichen Kennzeichnung von (alternativen) Kraftstoffen und Fahrzeugen.
Der BDBe begrüßt die nun begonnene nationale Umsetzung der EU-einheitlichen Kraftstoffkennzeichnung. Es ist allerdings zu kritisieren, dass die Umsetzung deutlich verspätet, und nicht wie europarechtlich vorgeschrieben zum Oktober 2018, erfolgte. Zur Information der Verbraucher und wegen der Notwendigkeit sofortiger Klimaschutzmaßnahmen im Verkehr wäre dies wünschenswert gewesen.
Aus Sicht des BDBe sollte die vorgesehene Neufassung der 10. BImSchV zum Anlass genommen werden, die Nutzung von zertifiziert nachhaltigen Biokraftstoffen und ihre Rolle bei der Entwicklung zu einem emissionsärmeren Verkehrssektor deutlicher als bisher zu unterstützen. Zudem wird angeregt, durchgängig den Begriff „Bioethanol“ zu verwenden.
II. Einzelheiten
1. Auszeichnung von Ottokraftstoff │ Warnhinweis bei Super E10 und Super Plus E10
§ 14 Abs. 1 Nr. 2 10. BImSchV-neu
Verbraucher sollen die Kompatibilität ihres Fahrzeuges mit Kraftstoffen in Zukunft dadurch einfach erkennen, dass u.a. an den Tanksäulen, an den Zapfpistolen und in unmittelbarer Nähe der Einfüllstutzen der Fahrzeuge europaeinheitliche Symbole für die im Markt befindlichen Kraftstoffe angebracht werden.
Der Verordnungsentwurf sieht vor, dass bei der Kennzeichnung der Kraftstoffsorten Super Plus E10 und Super E10 an den Zapfsäulen unterhalb des Hinweises „Enthält bis zu 10 % Bioethanol“ der Warnhinweis „Verträgt Ihr Fahrzeug E10? Herstellerinformation einholen! Im Zweifel Super oder Super Plus tanken!“ enthalten sein muss (vgl. Abbildung).
Nach Auffassung des BDBe muss dieser Warnhinweis entfallen und der entsprechende Halbsatz von § 14 Abs. 1 Nr. 2 10. BImSchV-neu sowie die Zeichen Teil a in den Anlagen 3 und 4 gestrichen werden. Ein solcher Warnhinweis zusammen mit fehlenden verlässlichen und umfassenden Informationen zur Verträglichkeit von Super E10 verhindert aus unserer Sicht eine stärkere Nutzung von Super E10 und schränkt das Verbrauchervertrauen und damit auch die Realisierung deutlich höherer Treibhausgasminderungen durch zertifiziert nachhaltige Biokraftstoffe im Verkehr unnötig ein.
Der Warnhinweis steht zudem der Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus der Richtlinie 2014/94/EU entgegen, den Fahrzeugnutzern klare und leicht verständliche Informationen über die an den Tankstellen verfügbaren Kraftstoffe und die Eignung ihrer Fahrzeuge für die verschiedenen Kraftstoffe zur Verfügung zu stellen (Erwägungsgrund 44 der Richtlinie). Die entsprechenden grafischen Vorgaben für eine EU-einheitliche Kraftstoffkennzeichnung (vgl. DIN EN 16942) sehen einen derartigen Warnhinweis für E10-Kraftstoffe daher grundsätzlich auch nicht vor.
Durch den Hinweis wird das gesamteuropäische Bemühen, Verbraucher insbesondere über den geeigneten Einsatz der verschiedenen Ottokraftstoffmischungen angemessen zu unterrichten (Art. 3 Abs.3 S. 2 Richtlinie 2009/30/EG), konterkariert. An angemessenen staatlichen Verbraucherinformationen zu Super E10 fehlt es derzeit. Eine „Liste E10 verträglicher Fahrzeuge“ der DAT GmbH stammt aus dem Jahr 2011.
Die Informationen der Kraftstoffwirtschaft, von Verbraucherorganisationen und der Bioethanolwirtschaft selbst, die unter www.e10tanken.de aktuelle Auskünfte zur Verträglichkeit aller Pkw mit E10-Kraftstoffen bereithält, reichen zu einer flächendeckenden verlässlichen Information der Fahrzeugnutzer offenbar nicht aus. Dies zeigt der stagnierende Marktanteil von Super E10 im Benzinmarkt: Seit mehreren Jahren liegt dieser bei etwa 13 Prozent, obwohl nach jüngsten Angaben der EU-Kommission (COM(2017) 284 final) europaweit mehr als 93 Prozent des vorhandenen Fahrzeugbestandes mit Ottomotoren Super E10 vertragen und nahezu alle Neufahrzeuge, die nach 2011 zugelassen wurden, Super E10 ohne jede Einschränkung tanken können. Mangelnde Informationen der Autofahrer über die Verträglichkeit ihres Benzinmotors hatten schon bei der Markteinführung von Super E10 in Deutschland zu erheblicher Verunsicherung geführt. Diese würde durch den Warnhinweis bestehen bleiben.
In anderen EU-Mitgliedsstaaten, in denen die (genormte) Kraftstoffsorte Super E10 markteingeführt ist (Belgien │ Bulgarien │ Finnland │ Frankreich │ Lettland │ Litauen │ Luxemburg │ Niederlande │ Slowenien), kann eine derartige Verunsicherung der Autofahrer nicht festgestellt werden. So beträgt beispielsweise der Marktanteil von Super E10 in Frankreich bei einem vergleichbaren Fahrzeugbestand mittlerweile mehr als 40 Prozent.
2. Anforderungen an Ottokraftstoffe │ Bestandsschutzsortenregelung
§ 3 Abs. 2 und 3 10. BImSchV-neu
Der Entwurf hält unverändert an den derzeitigen Bestandschutzregelungen fest, wonach an öffentlichen Tankstellen, an denen Ottokraftstoffe der Qualität Super / Super Plus mit mehr als 5 Prozent Bioethanol angeboten werden, verpflichtend auch Kraftstoffe der Sorten Super und Super Plus mit bis zu 5 Prozent Bioethanol anzubieten sind („Schutzsorten“).
Eine Verpflichtung zum Anbieten einer Bestandsschutzsorte ergibt sich aus Art. 3 Abs. 3 S. 1 Richtlinie 2009/30/EG. Sie ist allerdings nur bis zum Jahr 2013 zwingend gewesen. Aus Sicht des BDBe ist sechs Jahre nach Ablauf dieser Übergangsfrist eine umfassende Bestandsschutzsortenregelung nicht mehr notwendig, da der derzeitige Fahrzeugbestand zu mehr als 93 Prozent Super E10-tauglich ist (s.o.). Die entsprechenden Verpflichtungen sollten daher entfallen.
Alternativ hierzu wäre es aus unserer Sicht ausreichend, die Anbieter zu verpflichten, lediglich eine Bestandsschutzsorte anzubieten. § 3 Abs. 3 BImSchV sollte daher gestrichen und Abs. 2 wie folgt neu gefasst werden:
„Wer Ottokraftstoffe nach Abs. 1 der Qualität „Super“ oder Super Plus“ mit mehr als 5 Volumenprozent Ethanol anbietet, ist verpflichtet, an derselben Abgabestelle entweder Ottokraftstoffe nach Abs. 1 der Qualität „Super“ mit einem maximalen Sauerstoffgehalt von 2,7 Massenprozent und einem maximalen Ethanolgehalt von 5 Volumenprozent oder Ottokraftstoffe der Qualität „Super Plus“ mit einem maximalen Sauerstoffgehalt von 2,7 Massenprozent und einem maximalen Ethanolgehalt von 5 Volumenprozent anzubieten.“
Zudem sollte der Schwellenwert in § 3 Abs. 4 BImSchV auf mindestens 2.500 Kubikmeter pro Jahr angehoben werden. Der aktuellen Regelung entsprechend müssen Tankstellen mit einem Absatz von weniger als 500 Kubikmeter die Bestandschutzsortenregelung nicht einhalten. Die vorgeschlagene Änderung erlaubt den Tankstellenbetreibern größere Gestaltungsmöglichkeiten bei der Abgabe von Kraftstoffen.
Bei Umsetzung der Änderungsvorschläge ist auch die entsprechende Ordnungswidrigkeitsvorschrift (§ 21 Abs. 1 Nr. 3 10. BImSchV-neu) anzupassen.