Stellungnahme zu Äußerungen des Bundesentwicklungsministers Dirk Niebel in N-TV am 15.08.2012
Aussage 1: „Gerade bei steigenden Lebensmittelpreisen kann Biosprit zu stärkerem Hunger in der Welt beitragen. Die Beimischungspflicht, die die rot-grüne Regierung eingeführt hatte, führt dazu, dass Menschen zu wenig Nahrung haben. Im Kabinett muss darüber nachgedacht werden, ob man nicht den Konflikt zwischen Tank und Teller auflösen kann."
Richtig ist, dass
a. bei der europäischen Bioethanolproduktion keine Rohstoffe aus Drittländern importiert werden. Darüber hinaus ist die vermeintliche Konkurrenz zwischen der Erzeugung von Lebens- und Futtermitteln sowie der Produktion von Biokraftstoffen in Europa nicht vorhanden. In Europa wird ein integriertes Konzept zur Produktion von Lebens- und Futtermitteln sowie Biokraftstoffen praktiziert. Das heißt, dass bei der Bioethanolproduktion zahlreiche hochwertige Kuppelprodukte anfallen, die beispielsweise Futtermittelimporte wie Soja reduzieren und somit Flächen für andere Verwendungszwecke freisetzen.
b. deutsches Bioethanol nicht aus Nahrungsmitteln hergestellt wird, sondern nur aus Industrierüben und Getreide mit Futtermittelqualität.
c. für den Anbau von Rohstoffen für die Bioethanolerzeugung einschließlich der zahlreichen Kuppelprodukte wie Futtermittel, Biogas und Biodünger in 2011 in Deutschland 240.000 Hektar genutzt wurden. Dies entspricht lediglich 2,0 Prozent der deutschen Ackerfläche.
d. die „Beimischungspflicht“ nicht von „Rot-Grün“ eingeführt, sondern in der ersten Koalitionsvereinbarung „Schwarz-Rot“ festgelegt wurde.
Aussage 2: „Insbesondere, wo E10 in Deutschland sowieso nie akzeptiert worden ist, muss man überdenken, ob das der richtige Weg ist. Und solange man denkt, sollte man E10 aussetzen.“
Richtig ist, dass
a. die Einführung von Super E10 weitaus besser verläuft als in den 1980er Jahren die Einführung bleifreien Benzins. Bei E10 ist nach einem Jahr ein Marktanteil von gut 13 Prozent erreicht. Die Tendenz ist weiter steigend: Im April 2012 erreichte E10 bei den Ottokraftstoffen einen Anteil von 15,35 Prozent. Bleifreies Benzin hatte zwei Jahre nach der Einführung nur knapp zehn Prozent Marktanteil verzeichnet und es dauerte zehn Jahre, bis es als Standardsorte etabliert war.
b. Bioethanol für die Ziele der EU zur Treibhausgasminderung bei Pkw bis zum Jahr 2020 ein zentraler Baustein ist. Grund für die Einführung war die Umsetzung der Erneuerbare-Energien Richtlinie der EU. Deutschland war Vorreiter bei der Umsetzung: Die strengen gesetzlichen Bestimmungen zur Erfüllung von Nachhaltigkeitskriterien sind sehr schnell eingeführt worden. Nach der Richtlinie dürfen nur Biokraftstoffe vertrieben werden, die entlang ihrer gesamten Produktionskette mindestens 35% weniger Treibhausgase ausstoßen als ein fossiler Kraftstoff. Deutsches Bioethanol aus Futtergetreide und Industrierüben übertrifft diesen Mindestwert bei weitem und hat sogar noch Potenzial - in modernen Benzinmotoren sogar darüber hinaus - die Treibhausgasminderung auf bis zu 70% zu steigern.