Neuer Ansatz für Biokraftstoffpolitik erforderlich
Neuer Ansatz für Biokraftstoffpolitik erforderlich BBE-Vorsitzende Mortler präsentiert Forderungen der Biokraftstoffbranche
Berlin, 13.1.2025: Im Vorfeld des 22. Internationalen Fachkongresses für erneuerbare Mobilität präsentierte Marlene Mortler, Vorsitzende des Bundesverbands Bioenergie e.V. (BBE), die aktuellen Herausforderungen und Anliegen der Biokraftstoffbranche für die kommende Legislaturperiode. „Die Biokraftstoffpolitik braucht einen völlig neuen Ansatz, wir benötigen endlich wieder zuverlässige Rückendeckung durch die Politik, anstatt Zuschauen, Zaudern und Zögern. Seit mehr als zwei Jahren ist die Branche mit betrügerischen Biodieselimporten aus China konfrontiert und muss zudem erhebliche Versäumnisse des Bundesumweltministeriums und des Umweltbundesamtes bei der Kontrolle von auf die Treibhausgasquote anrechenbaren Klimaschutzprojekten in China ausbaden. Bis Mai steht jetzt eigentlich die nationale Umsetzung der Erneuerbare Energien Richtlinie der EU an, für die schon längst entsprechende Regelungsvorschläge hätten vorliegen müssen. Auch hier ist zu befürchten, dass die amtierende RestRegierung ambitionslos, d.h. ohne eine verlässliche Gesamtstrategie für erneuerbare alternative Kraftstoffe und Antriebe im Verkehr, handelt. Seit Jahren bestimmen Handlungsunfähigkeit und Zaudern auf nationaler und EU-Ebene das mangelnde Tempo bei der notwendigen Defossilisierung des Verkehrs, insbesondere im Fahrzeugbestand. Beispiele dafür sind die unambitionierten Vorgaben für erneuerbare Kraftstoffe, verzögerte Regulierungen und der aktuell die gesamte Warenkette betreffende verpatzte Start der Unionsdatenbank seitens der EU-Kommission oder auch die sich seit Jahren hinziehenden Verhandlungen zur Energiesteuerrichtlinie auf EU-Ebene“, so Mortler in ihrem Eröffnungsstatement.
Mortler kritisierte die amtierende Bundesregierung scharf, angesichts der verschleppten Ursachenbekämpfung der seit über zwei Jahre bekannten Fälle von betrügerischen, angeblich fortschrittlichen Biodieselimporten aus China und fordert die Bundesregierung zu wirkungsvollem Handeln auf: „Durch die drastisch eingebrochenen Treibhausgasquotenpreise, die auch die Preise für heimische nachhaltige Biokraftstoffe in Mitleidenschaft ziehen, erlebt die deutsche Biokraftstoffbranche einen nie dagewesenen Druck. Anstatt weiter zuzuschauen, wie heimische Biokraftstoffproduzenten um den wirtschaftlichen Fortbestand gebracht werden und der Klimaschutz im Verkehr nicht vorankommt, muss die Bundesregierung jetzt den Befreiungsschlag wagen und zeitnah ein behördliches Zulassungsverfahren für fortschrittliche Biokraftstoffe einführen. Stattdessen führt Bedenkenträgerei zu einem Beinahe-Stillstand, so dass der Eindruck entstehen kann, der Regierung käme der Schaden an der Branche ganz Recht.“ Mortler monierte, dass die zuletzt ergriffenen Maßnahmen der Bundesregierung wie die vorgenommene Änderung der 38. BImSchV zur Aussetzung der Übertragbarkeit von Treibhausgasminderungs-Quoten auf die Jahre 2025 und 2026 nur die Symptome adressieren, nicht aber die Ursachen bekämpfen würden.
Auch bei den aufgedeckten Betrugsfällen mit angeblichen Treibhausgasminderungen bei der Mineralölförderung (Upstream Emission Reduction – UER) und deren Anrechnung auf die deutsche Treibhausgasminderungsquote bemängelte Mortler das viel zu zögerliche und zu späte Handeln der Regierung und des Umweltbundesamtes (UBA): „Noch immer sind nicht alle fragwürdigen UER-Projekte überprüft und die Betrugsfälle nicht vollständig aufgedeckt, geschweige denn, dass der nachweislich nicht erbrachte Klimaschutz durch die chinesischen Fake-Projekte nachgeholt wurde. Die Argumentation von Umweltministerin Steffi Lemke, dass den Verbrauchern kein Schaden entstanden sei, da die betrügerischen Klimaprojekte günstiger gewesen seien als der Einsatz von nicht-gefälschten Erfüllungsoptionen wie nachhaltigen Biokraftstoffen oder E-Mobilität ist ein Schlag in das Gesicht der Klimaschutzbranche und zeugt von einem kruden Rechts- und Amtsverständnis. Ministerin Lemke und UBA-Präsident Messner müssen sich schon die Frage nach ihrer persönlichen Verantwortung in diesem milliardenschweren Umweltskandal gefallen lassen.“
Mit Blick auf die Klimaschutzlücke im Verkehr und die anstehende Bundestagswahl sprach sich die BBEVorsitzende bei der kommenden Umsetzung der Erneuerbaren Energien Richtlinie der EU (RED III) für eine ambitionierte Ausgestaltung der Treibhausgasminderungsquote aus: „Damit die Klimaschutzlücke geschlossen werden kann und alle erneuerbaren Optionen ihr Potenzial entfalten können, muss die Treibhausgasminderungs-Quote auf mindestens 37 Prozent im Jahr 2030 deutlich angehoben und für die langfristige Planungssicherheit zudem bis 2040 fortgeschrieben werden. Aktuell verschenkt Deutschland mit der künstlich niedrig angesetzten Obergrenze zur Anrechnung nachhaltiger Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse erhebliches Klimaschutzpotenzial, weshalb diese Obergrenze im Zuge der RED IIIUmsetzung auf das europarechtlich zulässige Maß von 5,3 Prozent angehoben werden sollte. Und schließlich ist es zur Vermeidung von Kannibalisierungseffekten zwischen den verschiedenen Erfüllungsoptionen in der Quote notwendig, einen automatischen Quotenanpassungsmechanismus zu etablieren, um bei einem unerwartet starken Markthochlauf von E-Fuels oder fortschrittlichen Biokraftstoffen die Treibhausgasminderungs-Quote jährlich zu erhöhen.“
Zur Einrichtung der gemeinsamen europäischen Datenbank für Nachhaltigkeitsnachweise, der so genannten Unionsdatenbank (UDB), äußerte Mortler grundsätzlich ihre Zustimmung, beanstandete jedoch, dass erst der reibungslose Betrieb sichergestellt sein müsse, bevor die Nutzung verpflichtend werde. „Für die Markttransparenz und zur Vermeidung von Betrug kann die UDB ein wichtiger Schritt sein, wenn sie denn endlich richtig funktioniert. Wichtig ist dann auch, dass Unternehmen ihre Daten nur in eine Datenbank eintragen müssen und es keinen doppelten Bürokratieaufwand für eine nationale und zusätzliche eine europäische Datenbank gibt“, so Mortler. Dies sei den Wirtschaftsbeteiligten eigentlich im Vorfeld zugesichert worden und im EU-Recht auch so verankert, stellt sich aber aktuell anders dar.
Bei dem aus dem Green Deal der EU noch offenen Vorhaben, die Energiesteuerrichtlinie zu reformieren, pochte die BBE-Vorsitzende darauf, dass nachhaltige Biokraftstoffe dort dauerhaft mit ermäßigtem Mindestenergiesteuersatz verankert werden müssten. Mortler führt aus: „Damit erneuerbare Energien langfristig gegenüber fossilen Energieträgern bessergestellt sind, ist es entscheidend, für nachhaltige Biokraftstoffe den ermäßigten Mindeststeuersatz langfristig festzuschreiben. Eine Befristung würde das falsche Marktsignal senden und neue Investitionen in nachhaltige Biokraftstoffe wie Biomethan, Biodiesel, Bioethanol oder HVO verhindern und bestehende Anlagen entwerten.“ Auch bei den in der Diskussion stehenden CO2-Flottengrenzwerten für Pkw müssen nachhaltige, klimaneutrale Kraftstoffe wieder eine Rolle spielen.
Diese und viele andere relevanten Themen rund um Biokraftstoffe, Biomethan und E-Fuels wird die Branche gemeinsam mit Entscheidungsträgern aus Politik, Forschung und Wirtschaft diskutieren. Das vollständige Programm zum 22. Internationalen Fachkongress für erneuerbare Mobilität „Kraftstoffe der Zukunft 2025“ am 20. und 21.1.2025 im CityCube in Berlin und Informationen zur Anmeldung finden Sie unter: www.kraftstoffe-der-zukunft.com